Zwiebel

Allium cepa

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Beschreibung

Im Kaukasus wurde der Bauer Nasar Alamow 136 Jahre alt. Er hatte sein Leben lang jeden Tag eine Suppe aus vier Zwiebeln gegessen. Auch in anderen Ländern des Ostens hatten Menschen, die ein hohes Alter erreichten, vor dem Schlafengehen regelmäßig eine Zwiebel verspeist.

Die Zwiebel ist ein gesundes Gemüse, ganz ohne Zweifel. Aber ist sie auch ein Gewürz? Die Antwort muss lauten: Sie ist beides -Gemüse und Gewürz, Nahrungsmittel und Genussmittel zugleich.

Im alten Babylon war neben dem Brot die Zwiebel die Grundlage der Ernährung, in Ägypten wurden die Fleischtöpfe damit gewürzt, auch in Rom pries Lucullus ihre Vorzüge. Cepa nannten die Lateiner das Gewächs. Daraus wurde im Laufe der Zeit eine ceapula und schließlich eine Zwiebel. Durch Züchtung entstanden viele Sorten, von ganz scharfen, die Tränen verursachen, bis zu ganz milden, die man wie einen Apfel verzehren kann. Dazu Perlzwiebeln und Schalotten, die man in Essig einlegt oder frisch mit dem Lauch verwendet. Die Abneigung gegen Zwiebelduft hat sich längst gegeben, seitdem auch der Knoblauch mehr als früher verwendet wird. Zwiebel ist nicht mehr wie im Mittelalter die „Nahrung armer Leute".

Roh gehackt oder gerieben oder in Ringe geschnitten, gebraten oder gekocht, gehört sie fast zu allen unseren Speisen. Zwiebeln erhöhen die Fähigkeit des Blutes, gefährliche Blutpfropfen aufzulösen. Zwiebelsaft hilft bei Erkältung und wirkt gegen Arteriosklerose und Gefäßverengung. Außerdem senkt er den Blutdruck.

Die neuere Forschung bestätigt manche Regeln alter Hausmedizin. Dazu kommen neue Erkenntnisse: Zwiebeln senken auch den Zuckergehalt des Blutes und eignen sich daher als Kost für Zuckerkranke. Auch ihr Gehalt an Vitamin C ist nicht zu unterschätzen.

Wer will, kann es dem alten Alamow oder den Indern nachmachen, die allabendlich mit einer Zwiebel zu Bett gehen.
 

Verwendung

In vielen Ländern stellt man pastenförmige Gewürzmischungen her, indem man Zwiebeln zusammen mit anderen Gewürzen zerreibt. Da roher Zwiebel beim Stehen an der Luft bitter wird, sind diese Pasten immer frisch herzustellen; doch kann man sie auch mit etwas Säure (Essig oder Zitronensaft) haltbar machen. Eine besondere Vielfalt an auf Zwiebeln basierenden Pasten weist Indonesien auf (bumbu, siehe Zitronengras); ein Beispiel aus der Neuen Welt ist jamaicanisches jerk (siehe Piment). Beide Pasten werden vorwiegend zum Marinieren von rohem Fleisch oder Fisch verwendet.

In Indien dienen Zwiebeln als Saucengrundlage. So gut wie jedes nordindische Rezept beginnt damit, daß feingehackter Zwiebeln langsam gebraten werden. Sobald sie sich hellbraun verfärben, kommen weitere Gewürze (frischer Knoblauch und Ingwer sowie getrocknete Gewürze wie Koriander, Kreuzkümmel, Nigella, Curcuma, schwarzer Cardamom oder Chilies) dazu und die Mischung wird so lange gebraten, bis sie sich goldbraun verfärbt. Diese Mischung (wet masala) wird vielfältig genutzt: Man kann sie für Joghurt-, Tomaten- oder Spinatsaucen weiterverwenden oder Fleisch- oder Gemüsegerichten hinzufügen. Zur Kunst, ein guter indischer Koch zu sein, gehört, daß man die nötigen Gewürzmengen im voraus richtig abschätzt; hat man zuviel oder zu wenig erwischt, dann merkt man es meist erst am Ende des Kochvorganges, wenn der Fehler kaum noch zu beheben ist.

In der kaiserlichen nordindischen Küche (siehe schwarzer Kreuzkümmel) werden Saucen ähnlich hergestellt; jedoch treten scharfe Chilies gerne zugunsten aromatischer Gewürze (Zimt, indischer Lorbeerblätter, Gewürznelken) in den Hintergrund.

Auf eine andere Art und Weise bereitet man auf Zwiebel basierende Saucen in Burma zu, dessen exponierte Lage zwischen China, Indien und Thailand eine einzigartige Küche bedingt. Was man in Burma als „Curry“ bezeichnet, sind Gerichte aus Fleischstücken oder Gemüse, die in einer würzigen, zuvor zubereiteten Sauce weichgekocht werden: Zwiebel, Knoblauch, frischer Ingwer, Kreuzkümmel, Koriander und natürlich Chilies werden zu einer glatten Paste verrieben und in nicht zu wenig Öl (am besten Sesamöl) solange gebraten, bis das Öl sich von den Gewürzen scheidet. Durch das lange Braten entwickelt sich ein sehr vielschichtiger, komplexer Geschmack, der burmesische Curries von den Produkten anderer Länder unterscheidet.

Beim Rösten verändert sich der Zwiebelgeschmack und wird süßlich-würzig; die besten Resultate erzielt man bei ganz langsamem Braten in relativ kühlem Fett (ich ziehe oft Butterfett [ghee] vor, aber das mag eine persönliche Marotte sein). Geröstete Zwiebelringe sind eine beliebte Speisedekoration in Mitteleuropa (z.B. für deutsches Kartoffelpüree), man findet sie aber auch oft in Vietnam und besonders in Indonesien, wo sie fast jeden nasi goreng (gebratenen Reis) zieren. Wenn man das Fett aus ihnen heraussaugt oder -preßt, so lassen sie sich einige Stunden unter Luftabschluß lagern, ohne ihre knusprige Konsistenz zu verlieren.

Getrocknete Zwiebeln weisen wieder einen anderen Geschmack auf und entwickeln ein eher knoblauchähnliches Aroma. Zwiebelpulver oder -granulat ist in den Vereinigten Staaten ziemlich beliebt, vor allem im Süden, und auch in México. Es tritt auch in kommerziellen Gewürzmischungen für das texanische Gericht chili con carne auf, zusammen mit Kreuzkümmel, Oregano, Knoblauch, Pfeffer und Chilies.
 

Aufbewahrung

Frisch verwenden, getrocknet, eingelegt.

 

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